Lesen Sie die Haushaltsrede der Freien Wähler 2020:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wörle,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
das Haushaltsjahr 2019 ist abgeschlossen und es hat sich gezeigt, das im Jahr 2019 zwar erfreulicherweise die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr 2018 gestiegen sind, bedingt durch notwendig gewordene Investitionen stiegen jedoch auch die Ausgaben, sodass sich bei einer geplanten Zuführung vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt in Höhe von 7 Mio. € und einer geplanten Entnahme aus den allgemeinen Rücklagen in Höhe von 27,3 Mio. € ein Rücklagenstand zum 31.12.2019 von nur noch ca. 40 Mio. € ergibt. Wohlbemerkt, dies sind noch Planzahlen und es kann nach dem Haushaltsverlauf 2019 und nach jetzigem Stand davon ausgegangen werden, dass sich die Rücklagenentnahme deutlich nach unten bewegt und somit ein wesentlich höherer Stand der Allgemeinen Rücklagen zu erwarten ist.
Trotzdem werden wir im Haushalt 2020 mit einer weiteren beträchtlichen Rücklagenentnahme in einer geplanten Höhe von ca. 40 Mio. € rechnen müssen. Dabei ist natürlich zu betonen, dass unsere Abgaben wie Kreis- und Gewerbesteuerumlage allein schon über 22,5 Mio. € ausmachen, sodass uns von unseren geplanten Steuereinnahmen für 2020 in Höhe von 55 Mio. €, nach Abzug aller Umlagen gerade mal 33 Mio. € bleiben. Bedingt durch Vermögenserwerbe und Baumaßnahmen in Höhe von 50 Mio € ist es natürlich einleuchtend, das dies zu einer Entnahme aus den
Allgemeinen Rücklagen führen muss. Soviel nun zu den aktuell nüchternen Zahlen. ABER!
Bereits im Jahre 2017 hat Herr Bürgermeister Wörle sowie Herr Eding im Finanzplan 2018 bis 2021darauf hingewiesen, dass die Stadt Gersthofen in den kommenden Jahren hohe Investitionen tätigen muss. Circa 127 Millionen Euro müssen für Erweiterungen und Neubau von Schulen, Kitas, den Bahnhof und den geförderten Wohnungsbau ausgegeben werden. Die Rücklagen könnten deshalb im Jahr 2021 bis auf 2 Millionen Euro schrumpfen. Diese Erkenntnis zum Haushalt 2018 wird nun Wahrheit werden, natürlich auch bedingt durch den Kauf der Gersthofer „Potenzialfläche“. Die Freien Wähler sind nach wie vor davon überzeugt, das die Entscheidung die Fläche im Herzen von Gersthofen zu kaufen, die Richtige war. Der umsichtigen und akribischen Vorarbeit unseres Stadtbaumeisters, Herrn Roland Schmidt, im Form einer Vorkaufssatzung haben wir es letztendlich zu verdanken, für dieses wichtige Grundstück überhaupt ein Vorkaufsrecht bekommen zu haben. Wenn ich jetzt noch in der Zeitung lesen muss, dass das Grundstück doch viel zu teuer war und wir doch gar kein Konzept haben wie das Grundstück überhaupt bebaut werden soll, verstehe ich die Welt nicht mehr. Natürlich war die Potenzialfläche nicht billig und ein ausgereiftes Konzept zur Bebauung liegt ebenfalls noch nicht vor, aber in der kurzen Zeitspanne von ca. zwei Monaten zwischen Mitteilung und Ausübung des Vorkaufsrechts ist dies schlicht und einfach nicht möglich. Die von Stadtbaumeister Schmidt gezeigte Studie über eine mögliche Bebauung mit einem multifunktionalen Park im Herzen von Gersthofen sollte Ansporn genug für alle Stadträte sein, hier gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Lasst uns gemeinsam ein tolles Gersthofer Stadtzentrum schaffen, mit einer hohen Aufenthaltsqualität für alle Bürgerinnen und Bürger. Deshalb appelliere ich jetzt schon an den neuen Stadtrat, der hier im Mai Einzug halten wird: Nutzt diese einmalige Gelegenheit, die euch der jetzige Stadtrat mit dem Kauf des Grundstücks geschaffen hat. Setzt euch alle gemeinsam an einen Tisch, gestaltet miteinander und ohne Streit eine neue Stadtmitte in der sich alle Gersthoferinnen und Gersthofer pudelwohl fühlen werden.
Doch wie bereits vorhin schon erwähnt.
Gersthofen soll noch mehr wachsen. Dies wurde vom Rat dieser Stadt einstimmig beschlossen und hat deshalb zur Folge, dass auch die Vorzeichen dafür gesetzt werden müssen. Wachstum bedeutet für eine Kommune nicht nur höhere Einkommens- und Gewerbesteuereinnahmen, sondern es bedeutet auch Investitionen in alle Richtungen. Gerade in Bezug auf unser Neubaugebiet nördlich der Thyssenstrasse werden wir unsere Anregungen, die wir an unser Bauamt weitergeleitet haben,
akribisch weiterverfolgen und versuchen umzusetzen. Ein zweites Mehrgenerationenhaus soll dort ebenfalls nach dem „Königsbrunner Modell“ umgesetzt werden, wie es auch im Baugebiet „Ballonstartplatz“ bereits geplant ist. Wir Freien Wähler erkennen ebenso die Notwendigkeit für ein drittes Seniorenheim. Es ist heutzutage enorm schwierig einen Pflegeplatz in einem der beiden bestehenden Seniorenheime zu bekommen. Beide Häuser sind ausgelastet. Um dem demografischen Wandel gerecht zu werden fordern wir hier ein drittes Seniorenheim. Ein Hospiz gibt es ebenfalls noch nicht in Gersthofen. Die vorhandenen Hospizeinrichtungen in Augsburg sind immer ausgelastet. Dies wäre sicherlich eine Bereicherung für unsere Stadt und eine Entlastung für die betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Eine Partnerschaft zwischen der Stadt Gersthofen und einem geeigneten Träger für diese Einrichtung wäre diesbezüglich wünschenswert. Um mit dem Bevölkerungszuwachs Schritt zu halten, sind der Bau einer Grundschule und einer Kita im neuen Baugebiet zwingend notwendig. Diese sind ja bereits in den Planungen berücksichtigt.
Der ÖPNV muss, nicht nur in Bezug auf das Neubaugebiet, ertüchtigt werden. Eine Mammutaufgabe steht uns hier bevor, die wir in den nächsten Jahren zu lösen haben. So wie auch die schier unlösbare Aufgabe, den immer mehr zunehmenden Verkehr aus unserer Stadt herauszuhalten. Dafür brauchen wir so schnell wie möglich das von uns seit langem geforderte Mobilitätskonzept.
Mobilität – für die Freien Wähler steht dieser Begriff für Bewegung, Freiheit und die Möglichkeit schnell von A nach B zu kommen. Das Bedürfnis der Menschen, sich in unseren Städten effizient fortzubewegen, kann häufig nicht mehr realisiert werden. Die Voraussetzungen und Konzepte für Mobilität müssen sich deshalb ändern. Stellschrauben hierfür sind sicherlich der Ausbau unseres Radwegenetzes, eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennachverkehrs (ÖPNV) und Mobilität als Car Sharing Dienstleistung, abgekoppelt vom eigenen Fahrzeugbesitz, zu sehen. Jeder Mitbürger, der auf das Rad oder den ÖPNV umsteigt, entlastet nicht nur die Umwelt sondern trägt maßgeblich zur Entlastung überfüllter Straßen bei. Doch für viele von uns ist der ÖPNV aufgrund fehlender Verbindungen nicht problemlos nutzbar. Deshalb haben die Freien Wähler bereits im Jahr 2018 einen Antrag auf mehr innerstädtischen Busverkehr gestellt. Mehrere Linien müssen zukünftig durch die einzelnen Stadtviertel fahren um unsere Bürger mobiler ohne eigenen PKW zu machen. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchung, wie und wo zukünftig unsere grünen Busse durch die einzelnen Stadtviertel fahren, werden demnächst von unserer GVG erwartet.
Stellungnahme zum Wirtschaftsplan unserer Stadtwerke
Die Überschrift zur Stellungnahme könnte sicherlich lauten:
„Städte schauen mit Sorge auf ihre Rohre“
So hieß es vor Kurzem in einem Bericht der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Und siehe da: Bis zu 15 % aller Abwasserkanäle und Trinkwasserleitungen in Bayern, das sind umgerechnet rund 215.000 Kilometer Rohre, müssen in den kommenden Jahren saniert werden. Das ist zwar ein schwacher Trost, wenn man selbst davon betroffen ist, aber es zeigt, dass wir in Gersthofen kein Einzelfall sind. Und wir werden es schaffen das unser Wasser wieder ohne Chlor genossen werden kann. Aber Versäumnisse der Vergangenheit lassen sich nicht durch Umlegen eines Schalters beseitigen. Hierzu nehme ich die Stadtverwaltung, den aktuellen Stadtrat und den Rat der vergangenen Wahlperiode in die Verantwortung. Die Zeichen der Zeit, das heißt eine Sanierung unseres Trinkwassernetzes, hätten bereits vor mindestens 10 Jahren erkannt und umgesetzt werden müssen. Im Jahre 2017 wurde uns von Herrn Schinzel erstmals mitgeteilt, dass unser Trinkwassernetz dringend saniert werden muss. Hierfür wurden in den Wirtschaftsplan 2018 erstmals Mittel für Gutachten zur Schadenanalyse eingestellt. Ich zitiere aus meiner Haushaltsrede zum Haushalt 2018.
„Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser ist eine sogenannte „Primäraufgabe“ einer Kommune. Trinkwasserleitungen müssen immer in einem hygienisch einwandfreien Zustand gehalten werden. Die dafür notwendigen Investitionen werden von uns ebenfalls in vollem Umfang unterstützt!“
Leider haben wir nicht streng genug darauf geachtet, dass die Gutachten zur Sanierung der Trinkwasserleitungen schneller fertig werden. Dieses Versäumnis von Stadtrat und Stadtverwaltung hat nun dazu geführt, das unser Wasser abgekocht und letztendlich gechlort werden muss. Hierfür einzelne Personen verantwortlich zu machen wäre nicht fair. In diesem Fall haben wir gemeinsam versagt. Deshalb lasst uns auch gemeinsam daran arbeiten, damit unser Trinkwasser so schnell wie möglich wieder zu dem wird was es immer hätte sein sollen. Nämlich ein keimfreies, gesundes und wohlschmeckendes Trinkwasser aus unseren Gersthofer Brunnen zum Wohle aller Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Natürlich gibt es auch erfreuliches aus dem Wirtschaftsplan 2020 der Stadtwerke zu vermelden.
Wir investieren auch 2020 in Photovoltaikanlagen auf städtischen Gebäuden, wir investieren in Solarthermieanlagen, wir investieren in E-Ladestationen in unserer Rathaustiefgarage und am neuen Bahnhof, wir investieren in eine Machbarkeitsstudie für einen Energielehrpfad für Kinder. Dies sind wichtige Investitionen im Bezug auf die Energiewende aber sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange. Hier können und müssen wir in Zukunft noch wesentlich mehr leisten.
Ebenso investieren wir in eine Modernisierung und Attraktivitätssteigerung für unser Hallenbad und die Gerfriedswelle. Berücksichtigt werden bei diesem Mitteleinsatz auch die Vorkehrungen in die Sicherheit für unsere Beschäftigten in diesen Einrichtungen.
Die vielfältigen Aufgaben in einer nach wir vor aufstrebenden Stadt wie Gersthofen werden nicht weniger sondern immer mehr. Deshalb kann das Motto für die Zukunft nur lauten. Packen wir die Dinge gemeinsam an, mit voller Energie, mit Herz und Verstand, zum Wohle unserer wunderschönen Stadt Gersthofen.
Die Freien Wähler stimmen
dem Gesamtplan für das Haushaltsjahr 2020 mit Satzung
der kommunalen Finanzplanung der Stadt Gersthofen bis 2023
sowie dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke Gersthofen für 2020
zu.
Namens der Fraktion der Freien Wähler bedanke ich mich im Besonderen bei Herrn Eding und Herrn Schinzel und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den jeweiligen Fachbereichen für die hervorragende Vorbereitung der Unterlagen zum Haushalts- bzw. Wirtschaftsplan.
Bedanken möchten wir uns auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Gersthofen, sowie bei unserem 1. Bürgermeister Herrn Michael Wörle für den vorbildlichen, täglichen Einsatz für unsere Stadt!
Ebenso möchten wir uns beim gesamten Stadtrat für die in den letzten Jahren gewachsene, gute Zusammenarbeit bedanken. Dem neuen Stadtrat wünsche ich persönlich, das er stets die richtige Entscheidung trifft.
Bernhard Happacher, Fraktionsvorsitzender
Herbert Lenz, stellv.Fraktionsvorsitzender