Derzeit erscheinen fast täglich negative Schlagzeilen über Schule und Distanzunterricht. Allen Beteiligten ist klar, dass einige Dinge Verbesserungsbedarf haben und dass die Digitalisierung gerade im Eiltempo durchlaufen wird. „Aller Anfang ist schwer“ – das dachte sich bestimmt jeder Beteiligte der Schulfamilie zu Beginn dieses Lockdowns.

Nach einer Woche Distanzunterricht möchte ich einen Einblick in die tägliche Arbeit an der Anna-Pröll-Mittelschule (APMSG) geben und aufzeigen, dass zwar aller Anfang schwer ist, dieser jedoch gemeinsam und mit etwas Geduld mach- und schaffbar ist!

Was bedeutet Distanzunterricht überhaupt?

Er bedeutet erhöhte Anforderungen an Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und alle weiteren Unterstützer unserer Kinder und Jugendlichen. Seien es Oma und Opa, die Verwandten oder gar der freundliche Nachbar, die mit ihren Schützlingen, ob persönlich oder digital in Kontakt treten und sich für sie einsetzen. Distanzunterricht beginnt schon im Kleinen, dies kann für die Kinder und Jugendlichen aber eine große Hilfe bedeuten: Da wäre beispielsweise der Großvater, der den Laptop für seinen Enkel in der Schule abholt und dabei – ganz coronakonform – per Anruf bis zum Büro des Systembetreuers gelotst wird, um das dringend benötigte Gerät in Empfang zu nehmen. Hier zeigt sich so deutlich die Bereitschaft und das Engagement, am Unterricht teilzunehmen und stimmt mich und alle Beteiligten positiv.

Es bedeutet aber auch, Vorbereitungen zu treffen. Im konkreten Fall wurden bereits über 60 Leihgeräte vor den Weihnachtsferien durch das MIB-Team (Medien- und Innovationsberater) der APMSG unter der Leitung des Systembetreuers Simon Drüssler ausgegeben. Vorrangig erhielten Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen sowie Kinder und Jugendliche, die keinen Zugang zu adäquater Ausstattung haben, um erfolgreich am digitalen Lernen teilzunehmen. Parallel zum Distanzunterricht wird mit Hochdruck daran gearbeitet, alle bedürftigen Schülerinnen und Schülern mit weiterer Technik – sobald diese wieder zur Verfügung steht – auszustatten.

Ein Blick in die Praxis:

Unser Distanzunterrichts-Schultag beginnt regulär um 08:00 Uhr mit einem „Wake-up Call“, um die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, einen geregelten Tagesrhythmus auch in der für viele harten Zeit des Lockdowns mit seinen zahlreichen Einschränkungen des sozialen Lebens aufrechtzuerhalten. Die Lehrerinnen und Lehrer beginnen dann ihren Unterricht mit Video-Calls, einem Wochenplan oder Online-Aufgaben.

An der APMSG wird seit geraumer Zeit mit Microsoft Office 365 gearbeitet. Dies schließt auch das Programm „Teams“ ein, das von vielen Lehrkräften genutzt wird. Die Schülerinnen und Schüler werden hierbei zu „Meetings“, sozusagen ins digitale Klassenzimmer, eingeladen. Im Verlauf des Unterrichts folgen dann je nach Unterrichtsfach und -inhalt Einzel-, Partner- oder Gruppengespräche. Zudem werden Aufgaben über die Plattform „Teams“ bereitgestellt, die sie zu festgelegten Zeiten bearbeiten und abgeben. Im Prinzip normaler Unterrichtsalltag nach Stundenplan – nur eben digital!

In meinem konkreten Fall wird zu Beginn eine offene Gesprächsrunde, also ein digitaler Morgenkreis, angeboten, um die Stimmungslage einzufangen und den Jugendlichen Gelegenheit zu geben, von persönlichen Nöten und Problemen zu erzählen, aber auch schöne Erlebnisse mit anderen zu teilen. Gerade diesen Teil des Unterrichts erachte ich als besonders gewinnbringend und wichtig, da auf diese Weise der für das Lernen so bedeutenden sozialen Komponente Raum gegeben werden kann. Es folgen der Einstieg in neue Themen und Aufgaben. Je nach Fach kann die Klassengruppe ebenfalls in virtuelle Besprechungsräume mit unterschiedlicher Teilnehmerzahl „geschickt“ werden. Ich nutze diese Funktion oftmals im Fach Englisch um den so wichtigen „skill speaking“ (das Sprechen) zu üben als auch individuelle Hilfestellung und Rückmeldung an Einzelne geben zu können. Zuletzt werden Hausaufgaben besprochen und die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, Fragen und Probleme bezüglich des Unterrichts wie auch der Technik zu stellen. Danach erfolgt die offline-Phase, in der die Kinder und Jugendlichen selbstständig und eigenverantwortlich die gestellten Aufgaben erledigen. Aus eigener Erfahrung funktioniert dies schon sehr gut. An dieser Stelle bedarf es eines Lobes sowohl an die Schülerinnen und Schüler als auch an die Eltern, die ihre Kinder in dieser neuen teils ungewohnten Situation unterstützen. Sie halten sich gewissenhaft an die vorher vereinbarten Regeln und Unterrichtszeiten.

Während dieser Phase stehen die Lehrerinnen und Lehrer, dies muss hier auch erwähnt werden, abseits von regulären Arbeitszeiten per Videocall, Chat oder Email zur Verfügung und beantworten die Anfragen der Schülerinnen und Schüler. Es ist mir bewusst, dass nicht alle Belange adhoc beantwortet werden und dies bei der Fülle an Nachrichten oftmals nicht sofort möglich sein kann, aber man darf nicht vergessen: Wir alle sind in einem digitalen Lernprozess – sowohl Schüler als auch Lehrer! Deshalb kann ich mich John Dewey und seiner Theorie „learning by doing“ nur anschließen: Jeder ist bemüht den Anforderungen der neuen Situation gerecht zu werden und diese durch sein Handeln bestmöglich zu meistern. Während die Schülerinnen und Schüler ein Arbeitsblatt öffnen, herunterladen und bearbeiten, lernen sie ganz nebenbei den in der zukünftigen Arbeitswelt oft geforderten Aspekt der Medienkompetenz. Sozusagen vertiefte Berufseinblicke 2.0, die an der Anna-Pröll-Mittelschule Hand in Hand mit der vertieften Berufsorientierung einhergeht.

Mit Blick auf Distanzunterricht sowie auf meine persönliche Arbeit und Erfahrung mit der Situation „Fernunterricht“ lässt sich abschließend sagen, dass alle beteiligten Akteure – Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrer, Sekretärinnen, Hausmeister, Systembetreuer und alle, die helfen, den Schulbetrieb vor Ort in Gersthofen am Laufen zu halten – die bestmögliche Entwicklung Ihrer Kinder und Jugendlichen im Fokus haben und diese mit Kopf, Herz und Hand 1 unterstützen und fördern.

Text: Simon Drüssler

 

1 Pestalozzi (1746-1827)