Die Fraktion der CSU und die Gruppen BZ/PRO  hatten einen „gemeinsamen“ Antrag eingebracht, dass künftig Stadtratssitzungen im Livestream im Internet gezeigt werden sollen. Ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von WIR, SPD/Bündnis90/Die Grünen und den Freien Wählern war jedoch wesentlich weitergehend und durchdachter.  Vor allem war uns daran gelegen, beide Seiten der Medaille zu beleuchten und da stellte sich die Situation ganz anders dar. Hilfreich dabei waren vor allem Hinweise aus dem Landratsamt und der Bayerischen Staatszeitung. Nachstehend unsere Stellungnahme zu den Anträgen, die noch durch den Wortbeitrag unseres Fraktionsmitglieds Simon Drüssler mit Blick auf den Datenschutz ergänzt wurde. 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Antrag von WIR/SPD/Grüne/FW geht davon aus, dass grundsätzlich öffentliche Übertragungen unserer Sitzungen im sog. Livestream durchaus positiv beschieden werden könnten.

  • Vor allem in Zeiten der Pandemie, die eine Teilnahme der Bürger an öffentlichen Sitzungen des Stadtrats fast unmöglich machen, machen Liveübertragungen aus dem Stadtrat durchaus Sinn.
  • Schnellschüsse sind jedoch nicht zielführend, weshalb wir zunächst die in unserem Antrag formulierte anonyme Abfrage in den Reihen der Stadträte eingefordert hatten. Dies war nicht dem Hintergrund geschuldet, dass man etwas zu verbergen hätte, sondern vielmehr dem, dass jedes Stadtratsmitglied frei und ohne Fraktionszwang für sich hätte entscheiden können, ob er eine Liveübertragung seiner Wortbeiträge haben möchte oder nicht. Leider wurde diese Chance verspielt.
  • Bei aller Euphorie für den Livestream sollte jeder in diesem Rat sich selbst gegenüber trotzdem ehrlich sein: Ist der Nutzen des Livestreams für unsere Bürger tatsächlich so groß, wie sich mancher hier erhofft oder verfolgt man mit dem Antrag ein ganz anderes Ziel?
  • Macht es Sinn, viel Geld für eine Technik auszugeben, die vielleicht von nicht einmal 1 % unserer Bürger in Anspruch genommen wird?
  • Macht es Sinn, wenn einige wenige internetaffine Menschen sich diese Technologie zu eigen machen, um im Netz Auszüge von Redebeiträgen dann mit Hass oder Häme überzogen meist dann noch anonym kommentieren zu können?
  • Macht es Sinn, dass diese Liveübertragungen dazu führen, dass sich ehrenamtliche Gemeinderatsmitglieder nicht mehr trauen, sich unbefangen und spontan zu äußern? Zum Nachteil unserer bisherigen Diskussionskultur?
  • Macht es Sinn, ca. 200.000 € für das für eine Liveübertragung notwendige Equipment auszugeben, um danach feststellen zu müssen, dass es doch nicht das gelbe vom Ei ist und man deshalb das Ganze wieder einstellt?

In der Bayerischen Staatszeitung wurde ein Aufsatz veröffentlicht, der uns freundlicherweise von einem Mitglied der CSU-Fraktion zur Verfügung gestellt wurde. Dieser Aufsatz beschäftigt sich exakt mit diesem Thema und der Verfasser kommt zu denselben bereits genannten Ergebnissen. In diesem Aufsatz kommt auch zum Ausdruck, dass die Euphorie in der Bevölkerung für Liveübertragungen aus den Gemeinde- und Stadtparlamenten dort, wo es schon eingeführt wurde, zunächst sehr groß war, der Zuspruch jedoch sehr schnell sehr stark wieder abgenommen hat.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass jedes Ratsmitglied und jeder Mitarbeiter der Verwaltung seine Einwilligung zu einer Liveübertragung anonym ohne Angaben von Gründen verweigern kann. Macht es dann Sinn, wenn eine Sitzung nur zu 30/40 oder 50 % lückenhaft und ohne Zusammenhang übertragen werden kann, weil sich dem nicht jeder aussetzen will oder kann? Für uns sind das im Moment zu viele offene Fragen und Widersprüche, um dem Antrag der CSU/BZ/Pro zustimmen zu können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.